Rezension: Rajas of the Ganges

Wir hatten auf der Spiel in Essen die Gelegenheit, uns das Worker-Placement-Spiel Rajas of the Ganges anzuschauen und das Spiel hat uns so gut gefallen, dass wir seitdem einige genauere Blicke darauf werfen konnten. Hier unsere Eindrücke:

Der bunte Spielplan mit dem Ganges samt Schiffen

Rajas of the Ganges entführt uns in das alte Indien, wo wir als Rajas bzw. Ranis – altindische Fürsten bzw. Fürstinnen – um Ruhm und Reichtum wetteifern. Entsprechend bunt kommen Spielplan und Material daher, ein zweiseitiger reichbebilderter Spielplan sowie 48 Würfel in vier leuchtenden Farben, Spielfiguren und Schiffchen aus Holz sowie last but not least der Startspieler-Pappelefant bieten einen Hauch von Bollywood. Da möchte man sofort losspielen.

Wenn wir den Spielplan aufklappen, entdecken wir zunächst etwas sehr Vertrautes: Die Siegpunktleiste (Kramerleiste), die außen um den Spielplan verläuft … aber halt! Da ist ja noch eine Leiste! Hier liegt das Besondere an Rajas of Ganges: Es gibt noch eine zweite Kramerleiste die der Siegpunktleiste entgegenläuft, also gegen den Uhrzeigersinn. Hier wird der Geldmarker vorangesetzt. Und hieraus ergibt sich auch die besondere Siegbedingung des Spieles: Wenn beide Marker aufeinandertreffen endet das Spiel. Die Runde wird noch zu Ende gespielt und der Spieler, dem die größte Überschneidung beider Leisten geglückt ist, gewinnt das Spiel. Dieser Mechanismus fühlt sich neu und innovativ an.

Gespielt wird in drei Bereichen:

  • In der Mitte des Spielplans verläuft der Ganges, an dessen einem Ende unsere Holzboote bei Spielbeginn auf ihren Einsatz warten. Nach jeder Bootsbewegung erhält man die Belohnung des erreichten Feldes.
  • Auf den persönlichen Tableaus können Spieler Gebäude bzw. Märkte bauen und durch geschickt geplante Wegenetze weitere Belohnungen einsacken. Mit den Märkten kann man gut Geld verdienen, die Gebäude bringen schlicht zwei bis vier Siegpunkte. Damit diese sich aber lohnen, muss man andernorts erst für die entsprechende Gebäudeart den Punktewert desselben hochschrauben.
  • Und schließlich gibt es eine ganze Reihe weiterer Einsetzfelder auf dem Spielplan, die verschiedenste andere Möglichkeiten bieten. Trotz also immer weiter steigender Arbeiterzahl, wird es nie eng.
Die Stapel mit den kaufbaren Plättchen

Zudem erhält jeder Spieler eine Kali-Statue, die in ihren zehn (bzw. acht in der Variante) Händen Platz für unsere Würfel bietet

Drei von insgesamt sechs Holzmännchen warten als unsere Arbeiter auf ihren Einsatz. Im Laufe des Spieles kann man – je nach gewählter Variante – zwei oder drei der zusätzlichen Arbeiter ins Spiel bringen und so die Anzahl der eigenen Aktionen pro Runde erhöhen. Für sie gibt es auf dem Spielplan eine Fülle von Einsatzmöglichkeiten, die in der ersten Partie noch erschlagend wirken mag. Dazu kommt, dass der Arbeiter auf fast allen Feldern zusätzlich zum auszuspielenden Arbeiter auch noch einen Würfel abgeben muss – beim Bauen sogar oft mehrere. Die aufgedruckte Symbolik ist hier aber sehr eindeutig und hilfreich. Im Laufe des Spieles ergeben sich rasch Strategien und Notwendigkeiten, die die Entscheidung erleichtern. Letztlich kommt es darauf an, seine Arbeiter und Würfel effizient einzusetzen und sowohl auf der Geld- als auch Siegpunkteleiste voranzukommen. Damit der Spieler keine der beiden siegbringenden Leisten vernachlässigt, gibt es in gewissen Abständen auf beiden Leisten Belohnungen für das erstmalige Erreichen dieser Stellen (zum Beispiel die zusätzlichen Arbeiter). Diese Belohnungen enden aber dort, wo sich beide Leisten mittig treffen. Wer also zu sehr auf eine Monokultur setzt (egal ob Geld oder Siegpunkte), wird Potenzial verschenken.

Ist man erst einmal im Fluss, spielt sich Rajas zügig. Die wichtigste Entscheidung ist immer wieder: Generiere ich lieber Geld oder Siegpunkte? Letztlich braucht man durch die gegenläufigen Leisten von beidem am besten so viel wie möglich!

Die Autoren, Inka und Markus Brand, haben in der Anleitung und beim Spielmaterial aber noch einige zusätzliche Schmankerl auf Lager. Neben einer optionalen Regel, die erfahrene Spieler gegenüber Neulingen ganz leicht schlechter stellen soll, gibt es aber auch noch einige echte Varianten, bei der man zwar nur 8 anstatt der sonst üblichen 10 Würfel lagern kann, aber im Gegenzug auch den sechsten Arbeiter erspielen darf.  Noch wichtiger an dieser Variante ist allerdings, dass Spieler mit weniger Arbeitern regelmäßig Entschädigungen erhalten. So sinkt die Gefahr, dass das Spiel auf ein reines Steigern der Arbeiterzahl reduziert wird. Hierzu kommen zusätzliche Belohnungsplättchen ins Spiel, mit denen man die Belohnungen für das Wegenetz überbauen bzw. verbessern kann.

Wem das immer noch nicht reicht, der findet als weiteres Spielmaterial Plättchen, die man zufällig über die bestehenden Flussbelohnungen legen kann und sorgt so für mehr Abwechslung im Spiel.

Fazit

Rajas of the Ganges kann trotz beachtlicher Spieltiefe zügig gespielt werden. Die auf der Schachtel angegebene Mindestspieldauer von 45 Minuten ist realistisch und die maximalen 75 Minuten sind eher mit Neulingen nötig. Die unterschiedlichen Mechanismen erlauben verschiedenste Strategien, die man aber aufgrund der Konkurrenz oder der Würfel öfters anpassen muss. Die Würfel sind zwar stets präsent, aber nie allzu dominant. Alle Würfelzahlen ungefähr gleichwertig und im Notfall kann man Würfel auch auf die gegenüberliegende Seite „flippen“ oder gegen zwei neuzuwerfende Würfel anderer Farbe eintauschen. Zwar neigt mancher dazu, stets über die Würfel zu schimpfen, aber letztlich sind sie hier eher wegweisend denn sieg- oder niederlagenbringend.

Durch die zusätzlichen Spielmaterialien und Varianten wird Rajas of the Ganges richtig rund und macht auch nach etlichen Partien noch Spaß.